Ist OpenStreetMap das Wikipedia für Karten?

8 Gedanken zu „Ist OpenStreetMap das Wikipedia für Karten?“

  1. Guter Blog, der OSM differenziert darstellt. Nur eine Frage bleibt offen, die vom Blog-Titel geradezu aufgedrängt wird: Wenn nicht „Wikipedia der Karten“, wie erklärt man’s dann in einem Satz, was OSM ist? Auf openstreetmap.de steht OSM „ist ein (…) Projekt mit dem Ziel, eine freie Weltkarte zu erschaffen“. Das ist schon besser, erwähnt aber wieder nur „Karten“ und nicht „Karten und Geodaten“ – was ich passender fände.

  2. Auch aus meiner Sicht müssen wir unterscheiden zwischen den Geodaten, die während des Projektes geschaffen werden und den darauf aufbauenden Karten und Kartenwebdiensten. Diese Unterscheidung ist den meisten wohl nicht bewusst, aber insbesondere wichtig, wenn man OSM-Karten in eigene, ggf. kommerzielle Websites einbinden möchte (siehe unseren anderen Artikel zu Webkartendiensten).

    Grundsätzlich bin ich gar nicht gegen die Erklärung „Wikipedia für Karten“. Man muss in einem weiteren Satz aber auf den Unterschied zwischen Content und Daten hinweisen. Das war die Motivation dieses Artikels.

    Zudem: Ein echtes „Wikipedia für Karten“ würde das Datenmaterial von Swisstopo, TeleAtlas, NavTeq, Google und anderen Anbietern nehmen und eine „Tertiär-“ (oder „Sekundär-„) Datenbasis erstellen: Aus dieser Datenbasis würde eine zusammengefasste („harmonisierte“) Karte erstellt werden können. Wie im Artikel bereits genannt, ist das aber wohl eine Utopie.

  3. – „Die “Generation Internet” denkt bei einer Enzyklopädie in erster Linie an Wikipedia. OSM hingegen ist aus meiner Sicht kein Ersatz für offizielle Geodaten“
    Die Generation Internet denkt bei Karten in erster Linie an GoogleMaps. Geodaten werden vom User nicht gebraucht. Somit sind Geodaten nur für (Web-)Entwickler wichtig. Und da ist OSM sehr wohl bekannt.

    – „Nichtsdestotrotz gibt es genügend Anwendungsfälle, bei denen OSM sehr wohl eine Alternative sein kann.“
    in naher Zukunft wird es genau andersrum sein. Die Alternative zu OSM werden offizielle Geodaten sein.

  4. Hallo Marc

    Danke für Deinen Input!

    – Ja, viele Webentwickler lernen in den letzten Wochen OSM als Alternative kennen (#switch2osm), das war vor 6 Monaten aber noch anders. Da wir beim Thema sind: Welchen Webkartendienstleister mit OSM-Daten empfiehlt man einem Webentwickler? Oder gleich selber die Infrastruktur aufbauen?

    – Ich bin überzeugt vom Potenzial von OSM. Ich glaube aber nicht, dass in naher Zukunft die vielen raumbezogenen Anwendungen in den öffentlichen Verwaltungen ihre Datengrundlage auf OSM ändern. Das ist auch zum Teil nicht möglich. Sei es aus legalen Gründen (Beispiel Baubewilligungsverfahren) oder aus technischen Gründen (Anforderungen an das Datenmodell).

  5. So ganz verstehe ich deine Kritik nicht bei der Analogie Stephan. Es ist ein einfacher Vergleich, der gerade bei der Öffentlichkeitsarbeit wichtig ist und Leute oft bremst, bevor Ihnen ein „das kann ja niemals klappen!“ über die Lippen kommt. Beim ersten Eindruck Normalsterbliche mit dem Begriff Geodaten zu bombardieren ist da aus meiner Erfahrung heraus nicht sehr sinnvoll. Du hast natürlich Recht mit den feinen Unterschieden, aber Vergleiche leben ja von Vereinfachungen um Ideen zu transportieren 😉
    Ein schönes Beispiel für die Zusammenarbeit beider Projekte ist übrigens WIWOSM: http://wiki.openstreetmap.org/wiki/WIWOSM

    Auch bei uns gibt es natürlich Experten aus verschiedenen Domänen und natürlich auch GIS. Das würde ich weniger Schwarz/Weiß sehen. Aber man muss auch sagen, dass die fachspezifische Akkribik nicht gut bei VGI funktioniert. Das steht und fällt ja mit der Motivation der Leute („Spass“) und nicht damit, ob die Straße 30cm weiter links verläuft.
    Denn wir sehen uns nicht in Konkurrenz zu amtlichen Daten und deren Qualitätsansprüchen. Wir probieren Daten in einer Art und Weise zu erfassen, dass sie für eine Vielzahl von Menschen möglichst nützlich sind und bereiten diese auf (Webkarten, gedruckte Karten, Daten für Navis,…). Zusammenarbeit mit Ämtern wäre/ist schön, aber natürlich sollen die Ihren eigenen Datenbestand führen um hoheitliche Aufgabe mit einer gewissen Zuverlässigkeit zu erfüllen.

    Nachführung und wie einfach diese ist, hängt auch von der Größe der Userbase ab. So können mit http://www.osmbugs.org sehr einfach Hinweise gegeben werden, ohne sich mit Internas beschäftigen zu müssen. Falls OSM größere Verwendung findet, ist das Portal vielleicht mal in jeder App drinnen 😉

    Zu deiner Frage über die Webkartendienstleister: Außer Cloudmade, Mapquest und MapBox gibt es da kaum kostenlose, deswegen werden die meisten diese nutzen. Wie ihr in einem früheren Artikel schon geschrieben hattet, gibt es natürlich auch kleinere Anbieter, wie etwa die Geofabrik. Selbst hosten wäre bei großen Portalen sicherlich sinnvoll, all das findet man auch unter http://www.switch2osm.org

    Nun ich glaube auch nicht, das Ämter von heute auf morgen auf OSM schwenken. Allerdings schätzen nicht wenige Amstsstuben auch die Felxibilität und Unbeschränktheit unserer Daten. Da muss nicht erst ein Antrag geschrieben werden um uns zu nutzen und wir beschränken uns auch nicht auf genau nur das Stadtgebiet. Ich kann jedem Amt nur raten doch mal abzuklopfen, inwiefern man mit OSM zusammenarbeiten kann (also nutzen und auch Daten beitragen). Bei uns in Rostock hat das hervorragend geklappt und seither gibt es einen sehr regen Austausch zwischen Mappern (Bürgern) und versch. Behörden.

  6. Hallo !i!

    Danke für Deinen ausführlichen und ausgewogenen Kommentar.

    Ich habe auch gar nichts gegen den Vergleich! Ich stimme Dir zu, dass man damit die Idee von OSM im Grundsatz vermitteln kann. Und das reicht auch für viele. Aber insbesondere für diejenigen, die sich seit Jahren mit dem Thema Geoinformation oder allgemein Daten beschäftigen, ist meines Erachtens eine Differenzierung notwendig oder zumindest sinnvoll.

    Ich stimme auch mit Dir überein, dass die Verwaltungen ihre hoheitlichen Aufgaben mit eigenen Datenbeständen erfüllen sollen und z.T. auch müssen. Spannend wird es, wenn man eine positive Wechselwirkung zwischen OSM und „offiziellen Daten“ erreichen möchte. Das ist übrigens ein Thema, das ich beim nächsten GEOSummit (GIS-Konferenz in der Schweiz) ansprechen möchte. Dazu werde ich aber noch einen separaten Blogeintrag schreiben.

    Die Seite http://switch2osm.org/providers/ ist mir bisher durch die Lappen gegangen – Danke! Was ich wichtig finde: Man muss den Webentwicklern mit Interesse an Einbindung von Webkarten verständlich machen, dass es (fast) nichts gratis gibt („there is no free lunch“), insbesondere wenn man ein „Service level agreement“ haben möchte.

    Bezüglich Eurer Erfahrungen mit Rostock: Kann ich Dich bezüglich der Zusammenarbeit Ämter und Mappern mal per E-Mail oder Telefon interviewen? Schick mir doch bei Interesse eine E-Mail an stephan.heuel@ebp.ch – Danke!

  7. Ein paar Unterschiede könnte ich noch ergänzen:
    *Durch die geringeren tech. Hürden und das breite Themenspektrum, zieht die Wikipedia auch Linguisten, Historiker und Soziologen an und hat damit einen wesentlich diskussionsfreudigeren Kreis von Akteuren.
    Unterstützt dadurch, dass es mit dem Wiki nur eine dominante Diskussionplattform gibt, entstand so über die Jahre eine demokratisch legitimierte Entscheidungsstruktur in der Wikipedia (Meinungsbilder, Administratorwahlen, Diskussionsseiten). In OSM mit Mailingliste, Forum und Wiki zersplittert sich das dann leider etwas und wichtige Entscheidungen wie die Lizenzumstellung konnten so nicht im Vorfeld von der Community abgesegnet werden.

    *Die Wikipedia ist wesentlich erprobter in der Vandalismusbekämpfung. Erleichtert wird das dadurch dass jeder Artikel eine selbstständige Einheit ist und so die Versionen viel einfacher zurückgesetzt werden können. Zum Glück hat sich das für OSM bis jetzt noch nicht zum wirklichen Problem entwickelt.

    *Die Betreiber beider Projekte gehen komplett unterschiedliche Richtungen, während die OSMF so klein wie möglich sein möchte, hat sich die Wikimedia Foundation mit dem Ziel „das Rote Kreuz für freies Wissens“ sein zu wollen, doch eine gewisses Mächtigkeit als Ziel gesetzt. Dadurch gibt es dann halt auch Stellen die sich mit politischer Lobbyarbeit für freie Inhalte und anderes einsetzen können.

    Trotz aller Unterschiede wüsste ich jetzt kein Projekt, was den Wikimedia-Projekten näher kommt als OSM.

  8. Hallo Kolossos,

    Ja, die Ergänzungen sind richtig, ich werde beizeiten den Artikel entsprechend ergänzen. Vielen Dank für den wertvollen Kommentar!

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