Update 25.06.2012: Die GEOSummit ist mittlerweile Geschichte, meine Folien zum Vortrag findet man auf SlideShare. Feedback nehme ich natürlich weiterhin gerne entgegen.
Einen Blogeintrag zur GEOSummit folgt noch.
Im Juni findet zum ersten Mal der schweizerische GEOSummit statt, bestehend aus einer Firmenausstellung und einem Kongress zum Thema Geoinformation. Mittlerweile ist das interessante Kongressprogramm publiziert und man kann sich für die Veranstaltungen anmelden. Ernst Basler + Partner ist mit zwei Vorträgen in den Kategorien „Crowdsourcing und Open Source GIS“ sowie „Innovative GIS-Anwendungen“ vertreten.
Unser erster Vortrag stellt die Frage „Ist Crowdsourcing ein Teil unserer nationalen Geodateninfrastruktur (NGDI)?“ (Link zum Abstract). Dabei geht es nicht um Open Government Data, also um die Bereitstellung von Daten der öffentlichen Hand, sondern um den genau umgekehrten Weg: „Wie soll die öffentliche Hand mit offenen (Geo-)Daten von Dritten umgehen?“ Wollen Sie uns mithelfen, diese Frage zu beantworten?
Der Abstract (siehe auch unten) ist im letzten Jahr eingereicht worden. Jetzt würde ich gerne im Vorfeld zum Vortrag weitere Meinungen einholen, denn es gibt sicherlich unterschiedliche Standpunkte und Ansichten. Was liegt gerade bei diesem Thema näher, als im Vorfeld um Kommentare zu bitten: Beantworten Sie beispielsweise einfach die folgenden Fragen:
- Können wir (als Teilnehmer des Programms e-geo.ch) es uns leisten, den Erfolg von Crowdsourcing im Geoinformationsbereich zu ignorieren? Ist Crowdsourcing nicht ein Teil unserer nationalen Geodateninfrastruktur?
- Falls wir es uns nicht leisten können: Welche Lösungsansätze zur Integration von Crowdsourcing in die NGDI können Sie sich als realistisch vorstellen?
Es war noch nie so einfach, Co-Referent bzw. Co-Referentin einer schweizerischen GIS-Veranstaltung zu werden: Schreiben Sie Ihre Gedanken einfach als Kommentar nieder. Jeder nicht-anonyme Kommentator wird selbstverständlich in der Präsentation genannt. Gerne sind auch Beitragende von ausserhalb der Schweiz willkommen. Vielleicht kennen Sie auch jemanden, der eine Meinung zum Thema hat? Dann leiten Sie ihm oder ihr diesen Blogpost einfach weiter.
Übrigens finden Sie auf diesen Seiten weitere Posts zum Thema Crowdsourcing.
Im Folgenden das vollständige Abstract zum Vortrag auf der GEOSummit:
Im Jahr 2002 startete das Programm „e-geo.ch“ zur Vernetzung und vermehrten Nutzung von Geoinformationen mit einer Charta zur Schaffung einer nationalen Geodateninfrastruktur (NGDI).
Parallel dazu haben sich um das Jahr 2005 u.a. die Crowdsourcingprojekte OpenStreetMap und GeoNames entwickelt.Wir beschreiben in diesem Paper die Chancen und Risiken für den Einbezug von Crowdsourcing in die offizielle NGDI und skizzieren dazu Lösungsmöglichkeiten.
Einleitung
Im Jahr 2002 startete das Programm „e-geo.ch“ zur Vernetzung und vermehrten Nutzung von Geoinformationen mit einer Charta zur Schaffung einer nationalen Geodateninfrastruktur (NGDI). Seitdem haben fast 150 Organisationen aus den Bereichen der öffentlichen Verwaltung, Hochschulen, Fachverbände und private Unternehmungen die Charta unterzeichnet. Das Bundesportal geo.admin.ch bzw. das kommende nationale Geoportal sind Beispiele für Entwicklungen in Richtung einer NGDI.
Parallel dazu haben sich um das Jahr 2005 nicht nur in der Schweiz weitere Geodateninfrastrukturen entwickelt, insbesondere die Crowdsourcing-Projekte GeoNames und OpenStreetMap. Sie basieren beide auf der Arbeit einer grossen Gruppe von Personen („Community“ oder „Crowd“), welche die Geodaten erfassen und pflegen.
Können wir es uns leisten, den Erfolg von Crowdsourcing im Geoinformationsbereich zu ignorieren? Ist Crowdsourcing nicht ein Teil unserer NGDI?
Situation Crowdsourcing für Geoinformation
Das prominenteste Crowdsourcing-Projekt in der Schweiz ist OpenStreetMap (OSM) mit über 1.1 Millionen Features in der Schweiz. Bei OSM generieren Beitragende Geodaten durch Abgabe von GPS-Tracks, Korrektur bestehender Daten, Erfassung von Namen und Typen oder Digitalisierung anhand vorhandener Satelliten- und Luftbilder. Es gibt die Möglichkeit, direkt Geodaten zu spenden, was einige Behörden und Organisationen aus der Schweiz bereits getan haben [2].
Das Ziel von GeoNames [1] ist eine Datenbank georeferenzierter geographischer Namen. Die Teilnahme ist allen offen. GeoNames enthält für die Schweiz ca. 21’000 geographische Namen, wovon einige ebenfalls gespendet wurden.
Beide Datenquellen sind kostenfrei verfügbar. Neben der Verfügbarkeit ist jedoch die Lizenzfrage ebenso wichtig: GeoNames bietet die Daten mit einer CreativeCommons (CC) Lizenz an, die eine Nennung der Datenquelle erfordert. OSM hat bisher auch eine CC-Lizenz, jedoch ist diese für Daten nur bedingt geeignet; zurzeit findet eine aufwändige Umstellung auf die Open Database License (ODbL) statt.
Es stellt sich schliesslich die Frage, wer für Infrastrukturkosten wie Hosting aufkommt. GeoNames bietet dazu Premium Services an, die OSM Foundation lebt von Spenden und überlässt es kommerziellen Drittanbietern, garantierte Webservices auf Basis der OSM-Daten anzubieten.
Chancen und Risiken für Crowdsourcing in NGDI
Für die Unterzeichnenden der e-geo.ch-Charta stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, mit Crowdsourcing-Projekten zu kooperieren oder ihre Geodaten zu nutzen. Solch ein Engagement bietet einige Chancen und Risiken:
Chancen
- Potenziell hohe Datenaktualität
- Neue Objektkategorien und Anwendungen in der NGDI
- Erweiterung des Handlungsspielraums aller Beteiligten
- Abhilfe beim Dilemma von gleichzeitiger Datenaktualität und Datenvollständigkeit eigener Daten
- Neue Nutzer oder Ansprechpartner
Risiken
- Unklare Lizenzsituation
- Vergleichsweise unstrukturierte Daten gegen etablierte, standardisierte Datenmodelle
- Risiko einer falschen Wahrnehmung seitens der Community („Ausbeutung“)
- Ungenügende Datenqualität
- Umgang mit Spam und böswilligem Verhalten
- Umgang mit einer fremden Community, fehlende Ansprechpartner
Lösungsansätze
Die oben genannten Risiken sind real und eine Fusion der eigenen Geodatenquellen mit denen der Crowdsourcing Community macht keinen Sinn. Es gibt jedoch Lösungsansätze, die einzeln oder in Kombination einen Mehrwert bringen können:
- Anerkennung der Leistung von OSM, GeoNames und Anderen, z.B. durch expliziten Einbezug in e-geo.ch-Charta
- Lizenzsituation eigener Daten juristisch klären und transparent für Crowdsourcing-Projekte darstellen
- Allfällige Zusage, dass auf Basis von Orthophotos eigene Geodaten erfasst werden dürfen
- Weiterhin Trennung der Datenhaltung, da eine Datenfusion technisch, organisatorisch und rechtlich schwierig wäre
- Unterstützung von Foren und Anlässen von Crowdsourcing-Projekten, Einbringung eigener Fragestellungen
- Unterstützung beim Hosting: OSM als Layer in Bundes- bzw. nationalem Geoportal einbauen
- Nutzung der Daten für eigene Anwendungen wie Change Detection
Abschluss
Im Sinne der e-geo.ch-Charta sollte es das Ziel aller Beteiligten sein, die Parallelwelten in der Schweizerischen Geoinformationslandschaft näher zueinander zu bringen. OSM und GeoNames sind Teil unserer GDI und eine Annäherung würde die NGDI als Ganzes aufwerten.
Referenzen
- [1]: http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Import/Catalogue
- [2]: http: //www.geonames.org/data-sources.html
Im geowebforum habe ich einen Auszug aus meinem Vortrag an den Geomatiktagen 2012 eingestellt. Der Titel hiess „Kommerzielle, kostenlose und crowdsourced Geodaten: Chancen für die Geomatik-Branche“. Es ist ein kleiner Beitrag, der obiges Thema ebenfalls anschneidet. Die Präsentationsunterlagen können bei mir bezogen werden. Vgl. http://www.geowebforum.ch/thread.php?postingID=2521