Richi Meyer, Christoph Graf und ich durften am Mittwoch EBP am GISDay an der HSR in Rapperswil vertreten. Der Anlass startete mit einem tollen Drohnenvideo, das in Rapperswil und Zürich gefilmt worden ist. Was sonst noch besprochen wurde, können Sie im folgenden Text nachlesen.
Quelle: FiftyFiftyFilm
Der GISDay startete mit einer Begrüssung durch Herrmann Mettler, dem Rektor der Gastgeberin HSR. Herr Mettler tönte die schon auf Twitter kurz gesichtete künftige Partnerschaft zwischen Esri und der HSR an (mehr dazu weiter unten). Es folgte die kurze Begrüssung durch Peter Jäger von Esri Schweiz und dann starteten die Vorträge:
Martin Rumo: Entwicklung von Analysetools im Leistungssport
Martin Rumo vom Bundesamt für Sport (BASPO) begann seinen Vortrag mit einem Rückblick auf ein Stück (Sport-)Technologiegeschichte: die kabellose Übertragung von EKG-Daten. Aus dieser Idee entstand in Finnland vor Jahrzehnten die heute noch bekannte Firma Polar. Befeuert durch Innovationen der Mikrotechnologie werden Sensoren und Übertragungstechnik im Vergleich mit diesem frühen Produkt immer kompakter. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Sporttechnologie und das BASPO.
Coaches mit der Messung von Leistungsparametern im Feld unterstützen
Konzeptionell folgt der Einsatz von Sporttechnologie diesem groben Ablauf:
Signal vom Sensor → Verarbeitungsschritt: Ereignisdetektion →
Ereignisdaten → Verarbeitungsschritt: Aggregieren →
Key Performance Indicators KPIs → Verarbeitungsschritt: Visualisierung →
Critical Success Factors CSFs
Um die einzelnen Verarbeitungsschritte umzusetzen und die notwendige Hardware zu testen, kooperiert die Eidgenössische Hochschule für Sport in Magglingen mit dem Zentrum der Berner Fachhochschule (BFH) für Technologien für Sport und Medizin. Die Forschungsaktivitäten folgen stets dem folgenden Ablauf: 1) Die Hochschule verarbeitet Erkenntnisse der Grundlagenforschung, 2) prüft deren Resultate hinsichtlich ihrer Relevanz für den Leistungssport, 3) führt anschliessend Pilotstudien durch und 4) entwickelt dann in einigen Fällen eine neue Dienstleistung für Sportlerinnen und Sportler bzw. für deren Coaches.
Nutzendenfreundlichkeit!
Damit die fertigen Dienstleistungen auch (gerne) genutzt werden, gilt es bei der Entwicklung die Coaches bei ihren Bedürfnissen mit hoher Nutzendenfreundlichkeit abzuholen. Die besteht dabei aus Relevanz, Bedienung und Funktion. Um sie zu gewährleisten, muss Martin Rumo mit den Coaches eine gemeinsame Sprache finden, in der die Coaches ihr Erfahrungswissen und ihre Bedürfnisse formulieren können. Die zu entwickelnden Produkte müssen dann die Lücke zwischen den Erfolgsfaktoren (CSFs) (d.h. der Sicht der Coaches; zum Beispiel „Pressing“im Fussball) und den Schlüsselindikatoren (KPIs) der Data Scientists schliessen können. Gute Kommunikationsfähigkeiten auf beiden Seiten sind dafür die wichtigste Voraussetzung.
Weiterführende Informationen und Beispiele aus unserer Tätigkeit:
- Big Data im Sport: «Wir stehen erst am Anfang» (Sendung von SRF4)
- Patrouille des Glaciers: Track Replay: Unsere Prototyp-Applikation zur Auswertung von GPS-Tracks der PdG
Dariush Daftarian: ABM bei Senozon
Woher kommt der Firmenname Senozon? Dariush Daftarian erklärt: Senozon ist die Umkehrung von „No Zones“ und damit eigentlich die Kürzestfassung des Ansatzes von Senozon. Statt wie klassische Verkehrsmodelle auf Verkehrszonen zur Modellierung von Verkehrsproduktion und Verkehrsnachfrage abzustellen, verfolgt Senozon einen Ansatz zur agentenbasierten Modellierung (ABM), wie sie im zugrundeliegenden Tool MATSim implementiert ist.
Annahmen und Modellierungsansatz
MATSim nimmt dazu Infrastrukturdaten (Gebäuderegister, Betriebszählung, Fahrpläne, etc.) und Personendaten (STATPOP, STATENT). Diese Daten werden zusammengezogen in einem Modell, das die Mobilisierung aller Personen modelliert. In der Schweiz werden zur Ableitung von Entscheidungs- bzw. Verhaltensweisen dieser simulierten Personen die Daten des Mikrozensus des Mobilitätsverhaltens benutzt. Resultat ist eine Abschätzung des Mobilitätsverhaltens jeder simulierten Person bzw. jedes Agenten im Modell. Diese Agenten werden dann auf die Mobilitätsinfratstruktur „losgelassen“. Maschinelle ÖV-Fahrgastzählungen, Checkout-Daten von Retailpartnern von Senozon und Strassenverkehrszählungen werden dazu benutzt, das Modell zu kalibrieren und anschliessend die Modellresultate zu validieren.
Fragen zum Datenschutz
Aktuell führt Senozon ein Pilotprojekt mit einer deutschen Telekomfirma durch. Laut Dariush Daftarian ist das Senozon-Modell in diesem Umfeld besonders interessant, weil die Summe der Agenten eine synthetische Bevölkerung darstellen und nicht genau echten Personen entsprechen. Probleme des Datenschutzes stellten sich deshalb weniger als bei den Analysen von Mobilfunkdaten der Telekomfirmen, die sich auf echte Individuen beziehen und deshalb datenschützerisch heikel seien.
Mobiltätsprodukte
Zum Abschluss stellt Dariush Daftarian Senozon einige Leuchtturm-Projekte vor. Senozon setzt sein Modell für verschiedene Dienstleistungen ein: zum Beispiel Standortanalysen, Standortsuchen und Analysen von CRM-Daten (Datenanreicherung). Nutzen lassen sich die unterschiedlichen Produkte via Datenauszüge, die Web App von Senozon oder eine kundenspezifische Modellierung. Die Fallbeispiele zu Standortentscheidungen von Dunkin Donuts, den Bürostandorts eines Schweizer Telekomanbieters und den Bankomatstandorten der Credit Suisse illustrierten das Gesagte anschaulich.
Weiterführende Informationen und Beispiele aus unserer Tätigkeit:
- Senozon
- Die trügerische Hoffnung auf weniger Stau: Senozon-Analyse zur zweiten Gotthardröhre
- Walkalytics: Unsere Lösung für die Modellierung von Fussgängermobilität
- Pedestrian Isochrone Maps und Wie gut ist ein Standort mit Bahn und Bus erschlossen: Beispielanwendungen von Walkalytics
Peter Heinzmann: Fussballspieler-Tracking
Peter Heinzmann von der HSR und der Firma cnlab begann seinen Vortrag wie Martin Rumo auch mit einem kurzen Rückblick, in seinem Fall auf die Technologie für das Verfolgen von Fussballspielern in Bewegtbildern, und einem kurzen Abriss über den Einsatz von GPS-Daten im Sport. Bereits 2011 katapultierten Einladungen zu Galatasaray und Fenerbahce zu einer Demo eines Trackingsystems Peter Heinzmann in die Fussball-Szene. Die Trainerstäbe dieser beiden Mannschaften zeigten sich vom System gleich beeindrucht. Es folgten Aufträge für andere europäische Vereine. Neben dem Fussball beschäftigen Peter Heinzmann Datenanalysen und Simulationen von Velorennen wie der Züri Metzgete und der Tour de Suisse.
Verschiedene Auswertungsmöglichkeiten
Selbst Consumer-GPS-Tracker erwiesen sich schon 2011 als hinreichend genau für verschiedene Auswertungen im Fussball: Bei der taktischen Auswertung können Spielerpositionen inklusive History visuell dargestellt werden. Weiter können verschiedene taktische Massnahmen eingeblendet werden, beispielsweise die sich dynamisch verändernde Verteidigungslinie. Weiter sind möglich: Heatmaps der „Aufenthaltsorte“ der Spieler durch das Spiel, relative Heatmaps oder eine Art „Einzugsgebiete“ der einzelnen Spieler im Verhältnis zueinander und Darstellungen des sich dynamisch verändernden Mannschaftsschwerpunkts.
Verbesserte Technologie und Daten im Zentrum
Heute setzen selbst Firmen, die in der frühen Phase der Sporttechnologie auf Videotracking setzten, zumindest auch Sensoren ein. Diese dürfen zwar in der Regel nicht während Spielen getragen werden, werden aber gerne im Training benutzt. Moderne Sensoren haben eine Vielzahl von Fähigkeiten: Positionsermittlung, Geschindigkeitsmessungen, Pulsmessungen und die Messung von Beschleunigungen in mehreren Achsen und mit 100 Messungen pro Sekunde! Die Vielzahl der Sensoren führt zu viel mehr Daten und Kombinationsmöglichkeiten. Damit können mittlerweile auch sehr wertvolle abstraktere Aussagen gemacht werden, etwa zum Passverhalten, zur Ermüdung eines Spielers oder der Verletzungsgefahr. Die Unmenge von Daten und darauf aufbauende Analysen erlauben es Funktionären auch, Abschätzungen des Transferwerts von Fussballspielern vorzunehmen. Überflüssig zu sagen, dass der Wert präziser Aussagen in diesem Umfeld sehr hoch ist!
Weiterführende Informationen und Beispiele aus unserer Tätigkeit:
- cnlab
- Fussballspielen mit GPS-Navigation (Sendung von SRF)
- Time Keeping at the Patrouille des Glaciers – A Look behind the Scenes: Bericht von Christoph Graf zur Zusammenarbeit zwischen EBP und race result an der PdG
- Patrouille des Glaciers: Track Replay: Unsere Prototyp-Applikation zur Auswertung von GPS-Tracks der PdG
Abschluss
Raumbezogene Entscheidungen sind und bleiben wichtig. Aus diesem Grund freuten sich Herrmann Mettler und Peter Jäger zum Abschluss des GIS Day-Plenums die künftige Partnerschaft zwischen Esri und HSR vorzustellen, unterstützt von einem schönen Drohnenvideo in Rapperswil und in Zürich (s. oben). Die HSR wird zum Esri Development Center mit dem Ziel der technologischen Zusammenarbeit, der einfacheren Geodatennutzung und der Stärkung der Didaktik in der Planungsausbildung.
Der gelungene Anlass wurde beim Apéro riche abgeschlossen, aber dieser lässt sich schlecht in Worte fassen 😉
Wir bedanken uns bei den Organisatoren und freuen uns, 2017 wieder beim GIS Day dabeizusein!