Auf dem Blog der Website wegweiser-kommune.de schildert Mario Wiedemann, Projektmanager im Programm LebensWerte Kommune der Bertelsmann Stiftung, seine Reise in fünf deutsche Städte, die sich Open Data, also dem Öffnen ihrer Datenbestände, verschrieben haben. Aus dem Geschilderten lassen sich auch für Schweizer Behörden (nicht nur auf der Ebene der Städte) interessante Erkenntnisse ableiten.
Die Open Data-Szene Deutschlands lebt: Im Juni hat unser Nachbar ein Open-Data-Gesetz auf Bundesebene in Kraft gesetzt (nicht ohne einige negative Punkte). Im August folgte der Beschluss eines ersten Nationalen Aktionsplans im Rahmen von Deutschlands Mitgliedschaft in der internationalen Initiative „Open Government Partnership“. Was geschieht aber in den Städten? Und was können wir daraus lernen? Meine Schlussfolgerungen aus dem Gelesenen:
Der Austausch zwischen Zivilgesellschaft und Behörden braucht Raum und Zeit (Bonn, Ulm)
Die Stadt Bonn verfügt über das BonnLab, in dem sich Interessengruppen rund um stadtbezogene Daten austauschen. Der regelmässige Kontakt zwischen Behörden und Open Data-Nutzenden hilft beiden Gruppen dabei, die Bedürfnisse des Gegenübers besser zu verstehen. Die Behörde fördert Open Data-Nutzende zum Beispiel mit der Vermittlung interessanter Kontakte. Mit einer solchen offenen Kultur kann ein für eine Stadt als Wirtschafts- und Wissensstandort wertvolles Open Data-Ökosystem entstehen.
Smart Cities müssen offen sein (Bonn)
In Smart Cities werden künftig vermehrt Daten gesammelt, aggregiert und verarbeitet werden. Damit dies nicht zu Daten- und Informationsmonopolen bei grossen Systemanbietern führt, sollten Smart Cities rechtzeitig entsprechende Schritte im Thema Data Governance (Datengovernance bzw. -hoheit) unternehmen. Nur so ist sichergestellt, dass auch die im Rahmen einer Smart City gesammelten Daten allen zugute kommen. Sven Hense von der Stadt Bonn nennt das oft zitierte Smart City-Beispiel Barcelona mal als eher negatives Exempel, das aktuell versucht, wieder mehr Kontrolle über seine Smart City-Daten zu erlangen.
Smart Cities benötigen eine Basisinfrastruktur (Ulm, Jena)
Für eine erfolgreiche Umsetzung des Smart City-Gedankens benötigen Städte vor allen technischen Lösungen die passende Basisinfrastruktur. In meinem Verständnis gehören dazu unter anderem offene Daten, eine griffige Open Data-Regelung, ein etablierter Austausch mit der Zivilgesellschaft und eine funktionierende Community. Darauf lässt sich aufbauen: Die Verantwortlichen in Jena haben etwa festgestellt, dass Open Data sich bestens eignet als „Sprungbrett (…) für andere wichtige Themenbereiche der Digitalisierung einer Stadt“. Auf technischer Seite benötigen Smart Cities dann vor allem effiziente Datenkommunikationskanäle für Internet of Things-Anwendungen. Ein solcher ist LoRaWAN, das im Moment sowohl in Ulm als auch in Bonn im Aufbau ist. Auch in Zürich werden derzeit LoRaWAN-Netze konstruiert: ewz setzt LoRaWAN schon für Smart City-Pilotprojekte ein. Wir haben im Frühling 2016 darüber berichtet, dass wir einen LoRaWAN-Gateway von The Things Network an unserem Standort in Zürich Stadelhofen betreiben.
Open Data nützt auch der Verwaltung (Freiburg)
Am Beispiel der Stadt Freiburg in Deutschland lässt sich schön aufzeigen, dass Open Data auch der Verwaltung nützt: Hier wurde Open Data nicht für sich alleine sondern als Resultat eines modernen Datenmanagements gedacht. Im Rahmen einer Neugestaltung des städtischen Datenmanagements konnten so gleichzeitig die Voraussetzungen geschaffen werden, um Open Data mit möglichst wenig Zusatzaufwand anbieten zu können. Von den so geöffneten Daten profitiert in den meisten Fällen schliesslich auch die Verwaltung: das Datenangebot unterschiedlicher Abteilungen wird systematisch inventarisiert, gut dokumentiert, sichtbar, durchsuchbar und bekannter gemacht und dadurch vor allem auch für Mitarbeitende der Verwaltung selbst einfacher zu nutzen – nicht zu sprechen von demjenigen Nutzen, den Externe damit generieren und der der Verwaltung auch zugute kommt. Eine integrale Sicht auf das städtische Datenmanagement lohnt sich also, um den Gewinn durch Open Data zu maximieren (und nicht zuletzt auch, um die Kosten fair zu betrachten). Die integrale Sicht Freiburgs geht sogar noch weiter: die Mitarbeitenden der Verwaltung werden eigens in der Nutzung der neu zugänglich(er)en Daten geschult. Meiner Meinung nach: in der heutigen Zeit gut investiertes Geld.
Open Data ist viel wertvoller als «nur» das Öffnen von Daten (Freiburg)
Im Idealfall ziehen alle Abteilungen einer Verwaltung an einem Strang bezüglich dem Öffnen von Daten. Dann kann sich ein wertvoller Kulturwandel einstellen, wie Mario Wiedemann beschreibt: „Plötzlich wird vielen klar: Daten müssen vor den Bürgerinnen und Bürgern nicht wie ein Schatz gehütet werden und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen schafft einen Mehrwert.“
Behörden benötigen eine griffige Open Data-Strategie (Jena)
Jena hat bereits 2014 eine Open Data-Strategie beschlossen, die die Öffnung aller Daten zum Ziel hat ausser jener, die „dem unmittelbaren Schutz personenbezogener Daten oder sonstigem gesetzlichen Schutzbedarf unterliegen“. Eine konsequente Open Data-Strategie sollte auf den Gedanken des generellen Öffnens von Datenbeständen abzielen. Die saubere Definition legitimer Ausnahmen vom Öffnungszwang gehört natürlich auch dazu. Diese Definition sollte aber abschliessend und klar sein, damit eine Behörde auf deren Basis sauber argumentieren kann – pro oder kontra Öffnung. Und: natürlich muss die Strategie alle Beteiligten mitnehmen auf den Open Data- und schliesslich den Digitalisierungsweg.
Den Blogpost als Einstiegspunkt für Mario Wiedemanns Schilderungen finden Sie hier: Eine Reise in die Open Data-Städte.
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