Im Zug der fortschreitenden Digitalisierung werden Echtzeitsysteme immer wichtiger. In einer siebenteiligen Blogserie beleuchten wir diese aus unterschiedlichen Perspektiven:
- Teil 1: Sensoren
- Teil 2: Netzwerk-Kommunikation
- Teil 3: Unternehmensdaten
- Teil 4: Externe Daten
- Teil 5: Datenhaltung und -management
- Teil 6: Datenanalysen
- Teil 7: Informationssicherheit und Datenschutz (ISDS)
Sie lesen aktuell Teil 4 zu externen Daten.
Nach dem letzten Blogpost zu Unternehmensdaten widmen wir uns im vorliegenden Teil 4 der zweiten Quelle von Daten, die nicht von eigenen Sensoren stammen: den externen Daten. Aus welchen Quellen können interessante externe Daten einfliessen? Und wie können diese Daten unternehmensinterne Echtzeitdaten sinnvoll ergänzen?
Quellen für externe Daten
Obwohl Unternehmen über immer mehr Daten (Echtzeitdaten und wenig dynamische Daten) verfügen, spielen in vielen Anwendungen weiterhin auch externe Daten eine wichtige Rolle, um den grösstmöglichen Informationswert aus der Analyse der Daten zu generieren. Dabei können je nach Anwendungsfall ganz unterschiedliche Daten zum Tragen kommen, viele davon sind keine Echtzeitdaten, sondern wenig dynamische oder gar statische Daten.
Statische externe Daten
Unter «statischen Daten» verstehen wir hier Daten, die zu gewissen Zeitpunkten, aber relativ selten (beispielsweise einmal im Jahr) erhoben bzw. aktualisiert werden.
Ein gängiges Beispiel solcher statischer Daten sind von Behörden erhobene amtliche Statistiken. Dazu zählen demographische Daten wie – in der Schweiz – die Statistik der ständigen Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP) des Bundesamts für Statistik (BFS). STATPOP enthält Information zum Bestand und zur Struktur der Wohnbevölkerung und der Haushalte sowie zu den Bevölkerungsbewegungen während des Jahres. Auch wirtschaftliche Daten wie die Statistik der Unternehmensstruktur des (STATENT) gehören dazu oder Daten, die für die Marktanalyse interessant sind, etwa die amtliche Erhebung zu Haushaltbudgets (HABE) oder Datensätze von Marketingfirmen, die beispielsweise das Nachfragepotenzial für Dienstleistungen oder Kundensegmente modellieren.
Solche externen Daten können als Ergänzung zu eigenen Daten etwa aus Unternehmenssystemen sehr hilfreich sein, zum Beispiel für Analysen zur Einordnung der eigenen Daten vor dem Hintergrund der Grundgesamtheit. Hier kann man sich zum Beispiel Fragen stellen wie: Wie ist meine eigene Kundschaft zusammengesetzt im Vergleich zur potenziellen Kundschaft (dem Gesamtbestand an Firmen / der gesamten Bevölkerung)? Welche potenziellen Kundensegmente spreche ich mit meinem Produkt noch nicht oder statistisch gesehen unterdurchschnittlich gut an?
Dynamische externe Daten
Externe Daten können natürlich auch «dynamisch», also als Echtzeitdaten oder Nahechtzeitdaten anfallen. Es gibt ein breites Spektrum von Daten, die zu dieser Kategorie gezählt werden können und die für unterschiedliche Anwendungsfälle von Echzeitsystemen interessant sein können:
- Wetterdaten sind klassische externe Daten, die in Echtzeit bzw. modelliert sogar als Voraussagen vorliegen können, und die für eine breite Auswahl von Echtzeitsystemen relevant sind. Wetterdaten können beispielsweise wichtige Rahmenbedingungen liefern für die Planung und Terminierung von Lieferungen in der Logistik, für den sicheren und effizienten Betrieb von Verkehrsinfrastrukturen oder für die Landwirtschaft. Wetterdaten müssen oft käuflich erworben werden, jedoch existieren je nach Land zum Teil frei zugängliche amtliche Produkte und daneben auch Plattformen wie OpenWeatherMap, die zumindest für eine begrenzte Anzahl von Anfragen kostenlos sind (in der Regel aber auch Daten von geringerer Qualität vorhalten).
- Bewegungsdaten auf Basis von Positionen mobiler Endgeräte stellen eine weitere Quelle von externen Daten dar. Sie können wichtige Informationen liefern zum Mobilitätsverhalten der Besitzerin oder des Besitzers (was etwa für die Planung oder in Corona-Zeiten für die Behörden und das öffentliche Gesundheitswesen interessant ist). Aber auch an Grossanlässen werden bisweilen Bewegungsdaten aus Mobilfunkgeräten analysiert, um die sichere Durchführung und das sogenannte «Crowd Management» zu gewährleisten.
- Verkehrslagedaten (Verkehrsfluss oder gefahrene Geschwindigkeiten) sind von verschiedenen privaten Anbietern wie zum Beispiel HERE oder TomTom erhältlich, die diese aus Apps und aus in Fahrzeugen verbauten oder mitgeführten GNSS-Geräten aggregieren. Verkehrslagedaten sind für das Verkehrs-Monitoring, das Verkehrsmanagement und damit das effiziente Abwickeln von Verkehr essenziell.
- Satellitendaten können wichtige Informationen für Echtzeitanwendungen liefern, bei denen der Raum im Vordergrund steht. Einsatzgebiete sind beispielsweise Monitoring-Aufgaben in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft, im Wassersektor oder im Naturschutz. Weitere Anwendungen finden sich in der Katastrophenhilfe, bei der ein schneller Überblick über das Ausmass eines Ereignisses, z.B. eines Waldbrandes, eines Erdbebens, einer Überschwemmung oder einer Explosion, essenziell ist. Von Anbietern wie beispielsweise Planet sind täglich neue Satellitenbilder erhältlich. Zudem gibt es verschiedene Anbieter, die Satelliten-Tasking anbieten, das heisst spezifische Aufnahmen können kurzfristig bestellt werden.
- Transaktionsdaten (zum Beispiel von Kreditkarten- oder Micropayment-Firmen) können wichtige Einblicke in das Konsumverhalten und das Konsumenteninteresse geben. Anbieter wie Statista können solche Daten erwerben und zu eigenen Informationsprodukten weiterverarbeiten.
- Social Media ist eine weitere typische Quelle von externen (Echtzeit)Daten. Mittels der APIs der einschlägigen Plattformen oder via Datenbroker können interessierte Firmen beispielsweise ein kontinuierliches Monitoring des eigenen Images vornehmen, Reputationsmanagement betreiben, die Marktstimmung und Trends im Konsumverhalten ermitteln und auch das eigene Marketing auf bestimmte Zielgruppen optimieren.
Die obenstehende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Neben diesen Kategorien gibt es natürlich noch zahlreiche weitere Typen externer Daten, die in Kombination mit Sensordaten und Unternehmensdaten ein Echtzeitsystem mit wichtigen Informationen füttern können.
Anwendungsfälle
Welche Möglichkeiten ergeben sich denn nun in einem Echtzeitsystem konkret aus der Integration von eigenen Echtzeitdaten mit externen Daten? Anhand zweier Beispiele soll dies auf konzeptioneller Ebene etwas genauer beleuchtet werden.
Landwirtschaft: «Smart Farming»
Auch in der Landwirtschaft werden Daten immer wichtiger für die tägliche Arbeit. Die beiden Schlagworte in diesem Bereich sind «Smart Farming» und «Precision Farming». «Smart Farming» bezeichnet generell den Einsatz von ICT in der Landwirtschaft, also die vermehrte Nutzung von Sensortechnologien, Big Data, Machine Learning und anderen Innovationen. Beim «Precision Farming» wird mit dem Einsatz von Echtzeitsystemen und Echtzeitdaten zu Bodeneigenschaften aus Feldsensoren viel spezifischer als traditionell auf aktuelle Gegebenheiten reagiert, beispielsweise bei der Allokation von Düngemitteln oder Pflanzenschutzmitteln auf Teilflächen eines Feldes.

(Grafik leicht überarbeitet von Digital-FarmingSysteme, CC-BY-SA Prof. Dr. sc. agr. Hans W. Griepentrog)
Es werden verschiedene Daten in Echtzeit erhoben: insbesondere Messwerte zu Bodeneigenschaften (beispielsweise Bodenfeuchte, Bodendichte, pH-Werte, Nährstoffgehalt), aber auch Messdaten zu Maschinenzustand, Ernte-Reifegrad, Luftqualität, etc. sind hier zu nennen. Als externe Daten kommen in Echtzeitsystemen in der Landwirtschaft vor allem Wetterdaten, Satelliten- oder Drohnendaten und Daten im Zusammenhang mit gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel Gewässerschutzzonen, Waldabstandsgrenzen u.ä.) zum Tragen.
Die Kombination der auf dem Feld zum Beispiel traktorgestützt erhobenen Sensordaten mit (auch prognostischen) Wetterdaten und Satelliten- oder Drohnendaten erlaubt eine kontinuierliche Überwachung der Anbauflächen. Dies ermöglicht es den Landwirten, Probleme (Krankheiten, Unkraut, Schädlinge, Frassschäden, Trockenheit) frühzeitig zu erkennen und angemessen – das heisst mit minimalem und damit wirtschaftlichstem und ökologisch möglichst verträglichem Mitteleinsatz – darauf zu reagieren. Die Wetterdaten helfen den Landwirten insbesondere bei der Planung, zum Beispiel beim Festlegen des optimalen Erntezeitpunkts, dem Ausbringen von Dünger oder dem Einsatz von Bewässerung.
Insgesamt verspricht der Einsatz neuer Technologien und die Kombination verschiedener Arten von internen und externen Daten in der «digitalen Landwirtschaft» einerseits eine erhöhte Effizienz und andererseits eine Verbesserung der Nachhaltigkeit aufgrund eines optimierten Einsatzes von Ressourcen (Art des Saatguts, Wasser, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, Energie, etc.).
Logistik einer Fertigungsfirma
In der Logistik eines (produzierenden) Unternehmens kann die Kombination externer Daten mit Echtzeit-Unternehmensdaten ebenfalls zusätzlichen Nutzen bringen. Dabei kommt eine Reihe von Daten zur Anwendung: Daten aus sozialen Medien ermöglichen allenfalls die Antizipation und eine präzisere Analyse von Kundenbedürfnissen sowie eine schnellere Erkennung von Trends in den Absatzmärkten, sei dies in bestimmten Ländern oder Regionen. Dies erlaubt (gegebenenfalls in Kombination mit weiteren Daten) gleich zu Beginn der Wertschöpfungskette durch eine verbesserte Vorhersage des Absatzes eine genauere Bedarfsmengenplanung.
Für die Logistikplanung können mit externen Daten aus sozialen Medien oder Wetterdaten Risiken wie Unwetter oder Schwankungen der politischen oder gesellschaftlichen Stabilität mit einbezogen werden. Damit können entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um Lieferengpässe möglichst zu vermeiden. Dies dient der Versorgungssicherheit und der Resilienz von Lieferketten und Stoffflüssen.
Der Einbezug von in Echtzeit vorliegenden Verkehrsdaten in Kombination mit Telematikdaten aus der eigenen Fahrzeugflotte ermöglicht die Optimierung der Transportplanung für eine reibungslose und pünktliche Auslieferung.
Fazit
Für etliche Anwendungen ergänzen externe Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen die in einer Organisation vorhandenen Echtzeitdaten aus Sensoren und Unternehmensdaten. Die externen Daten müssen dabei je nach Phänomen, das sie erfassen, nicht zwingend in Echtzeit vorliegen. Auch weniger dynamische externe Daten können einen wichtigen Input in Echtzeitsysteme darstellen.
Haben Sie sich auch schon überlegt, wie Sie mit Daten die Abläufe in Ihrer Organisation verbessern könnten? Sie dürfen uns gerne kontaktieren, um solche Fragestellungen zu besprechen.
(Beitragsbild: Data Types, CC-BY-SA João Batista Neto)
3 Gedanken zu „Fokus Echtzeitsysteme – Teil 4: Externe Daten“
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