Diese Woche fand die von EBP und Sieber & Partners gemeinsam organisierte Fachtagung «Digitale Transformation in der Bau- und Immobilienbranche» statt. Unter dem übergeordneten Motto «Technologie oder Mensch — was macht die erfolgreiche digitale Transformation aus?» haben wir in unserem Workshop das Thema «Augmented und Virtual Reality für Planung, Bau und Bewirtschaftung» behandelt.
Die gemeinsame Fachtagung «Digitale Transformation in der Bau- und Immobilienbranche» von EBP und Sieber & Partners fand letzten Montag bereits zum dritten Mal statt. Wir, Lukas Fuhrimann und Ralph Straumann, durften mit einem Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachtagung den Workshop «Augmented Reality und Virtual Reality für Planung, Bau und Bewirtschaftung» durchführen.
EBP hat vor einiger Zeit für den Kanton Zürich die konzeptionellen und technischen Grundlagen von Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) untersucht. Wir haben weiter analysiert, welche Anwendungen von AR und VR besonders grosses Potenzial haben und wie räumliche Daten so bereitgestellt werden, dass sie optimal in AR-/VR-Applikationen verwendet werden können. Aus der Studie resultierte eine «Roadmap hin zu AR und VR» mit Empfehlungen und konkreten Massnahmen um als Kantonsverwaltung «AR/VR-fit» zu werden. Diese Studie war eine der Grundlagen für unseren Workshop. Für den Workshop haben wir aber natürlich die Perspektive des Zielpublikums, also der Bau- und Immobilienbranche, eingenommen.
In unserem Workshop haben wir den Fokus also auf Anwendungsmöglichkeiten von AR und VR in verschiedenen Bereichen der Immobilienbranche gelegt. Wir haben die beiden Technologien als XR (steht als Oberbegriff für «Extended Reality») angesprochen und werden das auch im Rest dieses Beitrags so tun. Aus der Zürcher Studie haben wir idealtypische Phasen für eine erfolgreiche XR-Implementierung abgeleitet. Ziel des Workshops war es:
- den Teilnehmenden die wichtigsten Grundlagen zu XR zu vermitteln, darunter Hardware, Software und Daten bzw. Dienste als Datenschnittstellen
- die Reife-Phasen hin zur breiten Nutzung von XR zu reflektieren und
- Massnahmen zu erarbeiten, die es den Teilnehmenden ermöglichen, XR in ihren jeweiligen Organisationen erfolgreich zu etablieren und so bereit zu sein für die entsprechenden Anforderungen zukünftiger Projekte und Ausschreibungen
Verstehen des Potenzials
Nach unserem Input-Referat wurde in der Diskussion während des Workshops ersichtlich, dass für alle vertretenen Organisation das Potenzial für die Anwendung von XR in den ersten drei Phasen des Gebäudelebenszyklus – Planung, Bau und Nutzung – besonders gross ist. Wir haben dazu vorgängig operationelle Beispiele aus der Praxis präsentiert: beispielsweise den Einsatz von AR in der Fertigung im Holzbau, die Nutzung von XR in Architekturwettbewerben und für die BIM-Koordinationsplanung (Building Information Modeling). In den späteren Phasen des Gebäudelebenszyklus – Umnutzung und Rückbau – haben wir in der Gruppe derzeit weniger Potenzial für XR-Anwendungen verortet. Es mag aber sein, dass auch hier Anwendungsfälle bestehen oder demnächst entstehen – es war keine Vertreterin und kein Vertreter einer in diesen Phasen aktiven Organisation am Workshop zugegen.
Die Schlüssel zur erfolgreichen Einführung
Unsere Zürcher Studie hat grundlegende Massnahmen hervorgebracht (aus Sicht eines Datenbereitstellers), die als Ausgangspunkt für eine intensive Diskussion darüber dienten, wie sich die Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche in diesem Thema auf die Zukunft vorbereiten können bzw. sollten. Im Zuge dieser Diskussion haben wir unter anderem die folgenden entscheidenden Punkte herausgearbeitet:
- Ein gut ausgearbeitetes BIM-System (Building Information Modeling) und sorgfältig gestaltete 3D-Modelle bilden die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung von XR-Technologien. Ein solides Fundament in BIM ist unerlässlich, da XR auf den entsprechenden Daten aufbaut. (Wir denken, dass es sich für Ambitionierte («First Mover» und «Early Adopter») dennoch lohnen kann, XR bereits zu testen, ohne «auf BIM zu warten». Diesen Punkt konnten wir aus Zeitgründen am Workshop aber nicht mehr thematisieren.)
- Die Identifizierung geeigneter Software und Hardware bzw. von Partnern, die das eine, das andere oder beides bereitstellen können, ist von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Implementierung.
- In einigen Anwendungsfällen sind die Software-Tools noch nicht ausgereift genug, um XR-Anwendungen sehr leichtfüssig zu erstellen. Wohl inspiriert durch die KI-Nachrichten der letzten Monate haben sich die Diskussionsteilnehmer aber erhofft, dass manche Schritte bei der Datenintegration in XR-Anwendungen mittels breitem Einsatz von Künstlicher Intelligenz hoffentlich bald noch einfacher werden.
- Herausforderungen für die frühe breite Nutzung von XR bestehen insbesondere bei den Investitionskosten und in Komplexität der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Unternehmen (beide Punkte analog zum BIM-Bereich). Kleineren Unternehmen fehlen öfters die Ressourcen, um in Pilotprojekte zu investieren. Projekte, die XR-Leistungen als Teil des Einkaufsgegenstands explizit vergüten, sind wertvoll, um mehr Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen zu sammeln und Kompetenz aufzubauen. Ohne eine gewisse Risikobereitschaft bei ambitionierten Organisationen wird es aber nicht gehen.
- Grössere Organisationen wie die SBB, der Bund und die Kantone können auf dem Bau- und Immobilienmarkt Anreize schaffen, dass Dienstleister «XR-fit» werden. Durch Investments der Branche und Entwicklungen im Consumer-Markt werden die Technologien mittelfristig reifer und günstiger, so dass auch kleinere Organisationen die notwendigen finanziellen Mittel aufbringen können, um in XR einzusteigen.
- Ein effektives Change Management ist je nach Anwendungskontext entscheidend, um XR erfolgreich einzuführen. Allenfalls müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neuen Technologien gesondert vorbereitet werden und sie dafür motiviert werden, diese in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Kommunikation und Einbezug aller Beteiligten können hierbei essenziell sein.
Durch die Berücksichtigung dieser Schlüsselkomponenten und die Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen können Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche die Nutzung von XR erfolgreich vorantreiben und so für künftige Anforderungen bereit sein.
Unser Fazit
Der Workshop «AR und VR für Planung, Bau und Bewirtschaftung» bot faszinierende Einblicke in die Zukunft des Bauwesens. Es gelang EBP und Sieber & Partners, interessante Akteure mit unterschiedlichen Perspektiven wortwörtlich an einen Tisch zu bringen und das spannende Thema XR zu beleuchten. Wir sind überzeugt, dass das Fortschreiten von Software, Datenstandards und Hardware den Einsatz von XR künftig in vielfältigen Bereichen einfacher und für manche Anwendungsfälle selbstverständlich machen wird. AR und VR werden das Bauwesen prägen, und jene, die diese Technologien aktiv nutzen, haben einen Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die frühzeitig auf BIM gesetzt haben, profitieren bereits jetzt – neben den BIM-inhärenten Vorteilen – im Bereich XR. Intelligente Investitionen zahlen sich langfristig aus, wie bereits im Bereich BIM erkennbar. Der Workshop hat gezeigt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für Innovation ist, um eine aufregende Zukunft zu gestalten.