Diese Woche fand die von EBP und Sieber & Partners gemeinsam organisierte Fachtagung «Digitale Transformation in der Bau- und Immobilienbranche» statt. Unter dem übergeordneten Motto «Technologie oder Mensch — was macht die erfolgreiche digitale Transformation aus?» haben wir uns in unserem Workshop der Frage «Digitalisierung als Treiber oder Verhinderer des zirkulären und nachhaltigen Bauens?» angenommen.
Im Folgenden haben wir die zentralen Erkenntnisse der drei Sub-Workshops zusammengefasst.
Materialisierung und Rohstoffe
(Moderation: Andy Spörry)
- Digitale Tools bieten grundsätzlich ein grosses Potenzial für nachhaltiges und zirkuläres Bauen, werden aber aus verschiedenen Gründen aktuell nicht ausreichend genutzt.
- Eine vielversprechende Möglichkeit besteht in der Integration und Bereitstellung von Umweltdaten zu Baumaterialien und Bauteilen, insbesondere wiederverwendbaren Bauteilen, in der digitalen Gebäudeplanung (BIM). Dadurch können die Auswirkungen von Entscheidungen im Bauplanungsprozess auf die Umwelt- und Klimaperformance in Dashboards dargestellt und Optimierungsalternativen aufgezeigt werden. Im Zusammenhang mit Umweltdaten wurden Probleme wie veraltete Daten und mangelnde Abdeckung neuer Materialien diskutiert.
- Das Konzept von Bauteilbörsen, beispielsweise von digitalen Marktplätzen für wiederverwendbare Bauteile wurde intensiv erörtert. Bauteilbörsen für wiederverwendbare Baumaterialien und Bauteile stossen noch auf Herausforderungen wie begrenzte Verfügbarkeit, Garantiefragen und architektonische Einschränkungen.
Zirkuläre Konstruktion und Reuse von Bauteilen
(Moderation: Iris Mathez)
- Eine zentrale Herausforderung beim zirkulären Bauen ist die Datenlage und -pflege. Während in einigen Gewerken (beispielsweise im Holzbau, Gebäudetechnik) bereits gute Daten über verbaute Bauteile vorhanden sind, fehlt eine zentrale Plattform, die Informationen aus Betrieb, Planung, Erstellung und von anderen Bauteilplattformen zusammenführt. Lösungsansätze könnten ein gesetzlich vorgeschriebener, digitaler Gebäudepass, eine staatlich betriebene Plattform oder die Verbauung von physischen Datenspeichern, beispielsweise in Form von Plaketten mit den wichtigsten Bauteildaten sein.
- Die Veränderung der Bestellungs- und Planungsprozesse ist ein weiteres wichtiges Thema im zirkulären Bauen. Das traditionelle SIA-Phasenmodell ist dafür nicht mehr geeignet. Planung, Ausschreibung und Beschaffung müssen integral behandelt werden. Alle konstruktiven, aber auch gestalterischen Konzepte müssen unter Berücksichtigung der verfügbaren Baumaterialien und Bauteile erstellt werden. Dies erfordert einen Kulturwandel bei Bauherren und Planenden sowie eine offene formulierte Ausschreibung, die sich auf Funktionalität und wesentliche Eigenschaften der Immobilie und zukünftigen Nutzung konzentriert.
- Die Rolle der Gesetzgebung ist von grosser Bedeutung für das zirkuläre Bauen. Derzeit ist der Übergang zum zirkulären Bauen noch mit viel Aufwand und Unsicherheit verbunden. Ressourcenknappheit und steigende Preise für bestimmte Materialien sind wesentliche Treiber für Zirkularität. Um das zirkuläre Bauen zu fördern, können zudem Regulierungen wie CO2-Steuern oder Anreizsysteme wie Fördergelder einen wichtigen Beitrag leisten.
Digitalisierung für Quartiere und Areale
(Moderation: Heinz Richter)
- Es gibt eine Vielzahl von verfügbaren Daten, die mit den heutigen digitalen Tools ausreichen, um in den frühen Phasen der Planung (Sondernutzungsplanung, Areal- und Quartierplanung) Entscheidungen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte zu treffen. Eine Genauigkeit von 80% der Daten reicht in der Regel aus, da eine weitere Erhöhung der Datengenauigkeit oft mit geringem Mehrnutzen verbunden ist.
- Die Schweiz spielt eine wichtige Rolle als Innovationstreiber bei der Entwicklung digitaler Tools. Allerdings behindert der starke Wettbewerb zwischen den Tools die Entwicklung standardisierter Datenaustauschprotokolle. Es wäre wünschenswert, wenn die öffentliche Hand und Fachverbände sich stärker für gemeinsame Datenstandards wie Open BIM einsetzen würden, um die Interoperabilität und den Datenaustausch zwischen Projektentwicklung, Planung, Realisierung und Betrieb weiter zu fördern.
- Während die Datenlage in den Bereichen Planung und Realisierung durch den Einsatz von BIM-Tools kontinuierlich verbessert wird, fehlen noch zuverlässige statistische und Echtzeitdaten in den frühen Phasen der Projektentwicklung sowie im Betrieb von Arealen und Quartieren. Eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Betreibern unter Berücksichtigung von Echtzeitdaten könnte die Datenlage in diesen Lebensphasen von Arealen und Quartieren verbessern.
- Es wird positiv bewertet, dass die aktuelle Diskussion von der Betriebsenergie hin zur grauen Energie, also den Baustoffen und Bauprozessen, geht. Dies ermöglicht eine ganzheitlichere Betrachtung der Auswirkungen und ist ein wichtiger Schritt im Hinblick auf das zirkuläre Bauen.