Die 4. Austragung der Fachtagung «Digitale Transformation in der Bau- & Immobilienbranche» stand unter dem Titel «Back to the future: Sind wir bereit für 2025?».
In unserem Workshop «GIS und BIM im Zusammenspiel» haben wir mit unterschiedlichen Exponenten der Baubranche wertvolle Einblicke und Erkenntnisse gewonnen, die wir gerne hier teilen möchten.
Integration von GIS und BIM: Ein Überblick
Mit dem Einzug der BIM-Methodik in die Baubranche, wächst das Bewusstsein, dass die im Projektverlauf generierten Daten ihren wahren Wert vor allem dann entfalten, wenn man sie während des gesamten Lebenszyklus eines Bauobjektes stetig nutzen kann. Eine nahtlose Interaktion der verschiedenen Systeme, die für die Generierung, Weiterverwendung und Pflege der Daten benötigt werden, ist somit entscheidend. Da BIM jedoch kein System ist und es nicht die eine systemtechnische Lösung für BIM gibt, stellt die nahtlose Datendurchgängigkeit eine Herausforderung dar. Dies äussert sich unter anderem darin, dass besonders zu Beginn und am Ende eines Projekts die Datenverfügbarkeit häufig unzureichend ist und der Datenaustausch unter Medienbrüchen leidet. Neben vielen weiteren Systemen, welche für die Pflege von Daten und für den Betrieb von Bauobjekten genutzt werden, ist gerade im Infrastrukturbereich das GIS zentral und federführend. In unserem Workshop haben wir deshalb beleuchtet, welche Daten in welcher Form aus einem Bauprojekt in das GIS fliessen sollten, wer sie pflegen kann und soll und wie diese den unterschiedlichen Stakeholdern auch wieder zur Verfügung gestellt werden können.
Braucht es eine neue Art von GIS?
Ist das heutige, klassische GIS, wie wir es zur Pflege von georeferenzierten Daten kennen, den gewaltigen Datenmengen, welche in einem BIM-Projekt entstehen, gewachsen? Und macht es Sinn, diese Daten während der Betriebsphase in einem GIS zu pflegen?
Chris Häberli von Esri Schweiz zeigte mit seinem Input-Referat auf, wohin sich das GIS der Zukunft entwickelt und, welche Möglichkeiten und Anwendungsfälle sich mit einem holistischen Modell, bei welchem die Location im Kern steht und alle Daten miteinander verknüpft, ergeben. Neben dem heutigen, klassischen GIS als Expertensystem, wird es zukünftig somit wohl auch ein «neues GIS» mit dem Fokus auf dem Datenzusammenzug und der Datenvisualisierung geben. Gerade im Infrastrukturbereich, so waren sich die Workshop-Teilnehmenden aber einig, wird das «klassische GIS» weiterhin als «Betriebssystem» eine zentrale Rolle spielen.
Ein holistisches Modell – die Lösung?
In drei Gruppen haben wir unter anderem auch das Thema des holistischen Modelles und holistischer Visualisierungstools noch vertiefter diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass ein holistisches Visualisierungstool zwar die Möglichkeit bietet, Daten aus verschiedenen Expertensystemen zu visualisieren, die Herausforderung, diese Daten kontinuierlich zu pflegen, aber auch nicht lösen kann. Im Betrieb erfolgt die Datenpflege daher auch zukünftig am sinnvollsten innerhalb der spezialisierten Systeme, die oft nicht BIM-basiert sind und in den meisten Fällen auch keine 3D-Daten benötigen. Um diese in den einzelnen Systemen gepflegten Daten zu einem holistischen Modell zusammenziehen zu können, ist eine einheitliche Georeferenzierung oder die Verknüpfung über eine eineindeutige ID jedoch unerlässlich.
Den Hauptvorteil eines holistischen Modells sehen alle Teilnehmenden darin, dass es Daten für alle Beteiligten zugänglich macht und ein gemeinsames Verständnis für den Kontext des Bauprojektes oder des Bauobjektes fördert. Hierfür ist eine effektive Datengovernance jedoch unerlässlich, um die Qualität und Integrität der Daten sicherzustellen. Auch Metadaten über den Zustand der Daten (wie Aktualität, Entstehung und Verantwortung) spielen eine zentrale Rolle, um die Aussagekraft der Daten im holistischen Modell bewerten zu können.
Ein weiterer zentraler Punkt war die Bedeutung der Datenqualität, die stets Vorrang vor der blossen Datenmenge haben sollte. Obwohl Organisationen häufig geometrische Informationen fordern, können die meisten Anwendungsfälle im Betrieb mit alphanumerischen Daten abgewickelt werden. Doch war man sich einig, dass sich die Anwendungsfälle kontinuierlich weiterentwickeln und wir heute das Potenzial und die Chancen von geometrischen Daten und auch 3D-Daten im Betrieb oft noch gar nicht kennen oder abschätzen können. Dennoch rechtfertigt dies die unglaubliche Menge an Daten, die in den Projekten bestellt werden und die im Betrieb kaum einer mehr pflegen kann, nicht. Eine gezielte Bestellung durch die Betriebsverantwortlichen sollte angestrebt werden, damit wir im Betrieb – seit es in einem GIS oder sonst einem Betriebssystem – die Daten so gut pflegen können, dass sie mit guten Gewissen und einen Mehrwert bietend an das nächste Bauprojekt abgegeben werden können.
Fazit
Die Integration von GIS und BIM stellt eine zentrale Voraussetzung dar, um die Daten während des gesamten Lebenszyklus einer Infrastruktur effektiv zu nutzen. Unsere Diskussionen im Workshop haben gezeigt, dass trotz der technologischen Fortschritte in der Visualisierung, die Governance und Qualität der Daten sowie die zukünftige Flexibilität der Systeme weiterhin zentrale Herausforderungen bleiben. Diese Erkenntnisse bieten eine wertvolle Grundlage für die Weiterentwicklung der digitalen Transformation in der Bau- und Immobilienbranche. Wir danken allen Teilnehmern für ihre engagierten Beiträge und freuen uns auf die nächsten Schritte in dieser spannenden Entwicklung.
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