Eine Kernaufgabe der Informatik ist die Automatisierung von Prozessen, um sie effizienter zu machen. Dafür gibt es auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein grosses Potenzial. In unserem Workshop an der Fachtagung „Digitale Transformation in der Bau- & Immobilienbranche“ haben wir Voraussetzungen und Best Practices dafür diskutiert.
„Sind wir bereit für 2025?“ war eine wichtige Fragen bei der diesjährigen Fachtagung „Digitale Transformation in der Bau- & Immobilienbranche“. Die Antwort lautet wohl „Ja“. Die Branche ist aber teilweise noch weit weg von einer idealen BIM-Landschaft (an der Tagung unter anderem als „Hollywood BIM“ bezeichnet), in der digitale Werkzeuge die Prozesse perfekt unterstützen. In unserem Workshop „Automatisierungen für BIM-Anwendungen“ haben wir mit Branchenexperten erörtert, wie wir diesem Ideal durch Automatisierungen einen Schritt näher kommen können.
Grosses Potenzial
Die Produktivität der Bauindustrie hinkt der herstellenden Industrie stark hinterher. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen Unterdigitalisierung, Insellösungen und Datensilos. Automatisierungen von BIM-Anwendungen sind essentiell, um diesen Rückstand aufzuholen. Sie ermöglichen die Eliminierung repetitiver Aufgaben, verbessern die Kommunikation, optimieren Review-Prozesse und die Datennutzung. Ein wichtiger Faktor ist auch, dass Automatisierungen nachhaltig entwickelt werden. Das ermöglicht eine langfristige Nutzung und eröffnet auch die Möglichkeit, das aufgebaute Wissen intern und extern weiterzugeben und die gesamte Industrie davon profitieren zu lassen.
Wir konnten anhand unserer Erfahrungen in der BIM-Softwareentwicklung Beispiele aufzeigen, wie Skripte, Plugins, Apps und Cloud-Automation genutzt werden können. Beispiele dafür sind:
- Automatisierte Verknüpfung von GIS mit BIM
- Vereinfachung der Aussparungskoordinationen
- Ermöglichung von 4D-Simulationen auf der Baustelle
- Automatisierung von Modellprüfungen
Eine Umfrage unter den Teilnehmenden ergab, dass die meisten bereits eigene Automatisierungen entwickeln. Dafür verwenden sie häufig eigene, interne Tools. Fehlendes Knowhow ist dabei das grösste Hindernis, um die Automatisierungen weiter zu entwickeln.
Voraussetzungen und Technologie
In zwei Gruppen haben wir einerseits Ziele, Potenziale und Hindernisse, andererseits technologische Ansätze für eine bessere BIM-Entwicklung diskutiert.
Ziele, Potenziale und Hindernisse für eine erfolgreiche Automatisierung: Vor der technischen Umsetzung muss man untersuchen, wo der grösste Nutzen erzielt werden kann und welche Hindernisse vorliegen.
- Wo liegt das grösste Potenzial: Wir haben Prüfen/Dokumentieren/Rapportieren, Kalkulation und Bestellungen sowie BIM to Factory, BIM to Field und BIM to Operation als wichtigste Bereiche identifiziert.
- Welche Hindernisse müssen wir dafür überwinden: Bauen und Betreiben ist komplex und hat viele Beteiligte. Das führt zu vielen Schnittstellen, welche die weitere Digitalisierung von Prozessen erschweren. Hier helfen Standards für den Datenaustausch. Es ist ebenfalls wichtig, alle Beteiligten frühzeitig mit einzubeziehen und Chancen und Ängste anzusprechen.
- Wo wollen wir hin: Digitale Werkzeuge sollen die Prozesse über den ganzen Lebenszyklus von Bauwerken unterstützen und effizienter machen. Es ist wichtig, dass man dazu alle Beteiligten zusammen bringt und einen offenen Austausch pflegt.
Technologie Entwicklung in der Automatisierung:
- Diskrepanz zwischen Anforderungen und Entwicklungen: Die Nutzererfahrung entspricht oft nicht den Erwartungen. Ein Umdenken hin zu produktorientierten statt projektorientierten Ansätzen ist erforderlich. Die unterschiedlichen Standards, die verlangt werden, machen es schwierig zu automatisieren.
- Herausforderungen bei nachhaltiger Entwicklung: Unterschiedliche Datenstrukturen und notwendige Konvertierungen erschweren eine einheitliche Automatisierung. Zudem fehlt oft das Fachwissen bei Softwareentwicklern und umgekehrt. Ohne Versionierung und Dokumentation geht Wissen verloren.
Trotz dieser Herausforderungen werden viele Automatisierungen entwickelt. Diese vollständig auszunutzen und in Zukunft auch mit KI zu integrieren ist schwierig und nur möglich, wenn der Explorationsraum klar definiert ist. Die meisten Unternehmen setzen auf kommerzielle Tools, die hoffentlich in der Zukunft dabei weiterhelfen werden.
Fazit
Bei aller Automatisierung steht noch immer der Mensch im Mittelpunkt. Die Rahmenbedingungen, wie Projekte aufgebaut und Beteiligte einbezogen werden (z.B. Lean-Projekte) sind ausschlaggebend, um auch die Automatisierung voranzutreiben. Um zur Utopie des „Hollywood BIM“ zu gelangen ist noch viel Arbeit nötig, die Marschrichtung stimmt aber. Best Practices aus der Softwareentwicklung und das offene Teilen von Wissen helfen auf dem weiteren Weg.