Die BIM-Methodik und der damit verbundene BIM- und Daten-Lebenszyklus werden meist anhand des Ideals “Projekt auf der grünen Wiese” (z.B. Neubau einer Immobilie) dargestellt. Je länger die BIM-Methodik jedoch in (Pilot-)Projekten praktiziert wird, desto deutlicher wird, dass dieses theoretische Ideal des einfachen Lebenszyklus-Pfeils mit interagierenden Akteuren, den Anforderungen der Praxis und insbesondere des Infrastrukturbaus nicht standhält.
Klassische BIM-Zielbilder sind für Infrastrukturbauprojekte unzureichend.
Neuere Darstellungen zur BIM-Methodik zeigen häufig zwei Kreise, die verdeutlichen, dass die benötigten Daten zu Beginn des Projektes aus dem „Betriebskreis“ (mit verschiedenen Zielsystemen wie z.B. CAFM, SAP, GIS, DMS) herausgenommen werden und am Ende des Projektes wieder in den Betriebskreis integriert werden. Damit wird zwar der Problematik Rechnung getragen, dass das Ideal “Projekt auf der grünen Wiese” in unseren Breitengraden sehr selten anzutreffen ist, für die Praxis im Infrastrukturbau ist aber auch diese Darstellung weiterhin unzureichend.
Projekte im Infrastrukturbau dauern meistens Jahre bis Jahrzehnte und werden in der Regel im laufenden Betrieb umgesetzt. In einem solchen Szenario ist es nicht möglich, den Datenstand zu Beginn des Projektes einfach einzufrieren und Jahre später wieder zurückzuspielen. Solche Projekte erfordern einen wesentlich durchlässigeren Ansatz, der einen kontinuierlichen Datenaustausch zwischen Projekt und Betrieb ermöglicht, sobald sich eine relevante Änderung im Datenbestand ergibt.
EBP-Zielbild für das (BIM-)Datenmanagement im laufenden Betrieb
Das folgende, von EBP entwickelte Zielbild zeigt auf, wie dies erreicht werden kann und welche Rolle die CDE dabei spielt.

Die Grundidee des Zielbildes ist es, dass Daten während des gesamten Projektes via CDE, welche als koordinierende «Membran» agiert, stetig ausgetauscht werden können, sobald es für den Betrieb und/oder das Projekt relevante Änderungen an den Datengrundlagen gibt. Das Zielbild für das Datenmanagement umfasst mehrere zentrale Aspekte, die wir im Folgenden näher erläutern möchten.
Koordinierter Datenaustausch
Ein wesentlicher Bestandteil unseres Zielbildes ist der koordinierte und kontrollierte Datenaustausch mit externen Partnern. Statt wie heute leider noch üblich, Daten über verschiedene, oft personengebundene Kanäle wie Mail, WeTransfer etc. auszutauschen, erfolgt der Austausch über einen einzigen zentralen Kanal – die Common Data Environment (CDE).
Die CDE fungiert dabei als durchlässige «Membran» zwischen dem Auftraggeber und seinen operativen Systemen auf der einen Seite und allen externen Projektbeteiligten auf der anderen Seite.
Auch die Projektergebnisse und Daten der externen Partner fliessen über alle Projektphasen hinweg nur über die CDE an den Infrastrukturbetreiber zurück.
Im Gegensatz zu einigen anderen Zielbildern postulieren wir nicht, dass alle Arbeiten auf der CDE stattfinden müssen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies heute noch nicht realistisch ist – die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Vergabevorschriften über Datenschutzbedenken bis hin zu zahlreichen technischen Einschränkungen. Im Idealfall würde auch die Datenprüfung durch den Auftraggeber auf der CDE erfolgen – auch dies ist aus heutiger Sicht noch nicht ausreichend gut umsetzbar. Umso wichtiger ist es, dass auf der CDE die Vorgehensweise nach ISO19650 eingehalten wird und nur geprüfte und abgenommene Daten an den Betrieb zurückgegeben werden. Dieser Rückfluss soll aber nicht erst nach Projektabschluss stattfinden, sondern laufend, sobald es für den Betrieb relevante Änderungen gibt.
Rollen und Verantwortlichkeiten
Um dieses Zielbild zu erreichen, müssen klare Rollen und Verantwortlichkeiten definiert werden.

Der Projektleiter fordert die Umsetzung des Zielbildes von allen Beteiligten ein und stellt sicher, dass der Datenaustausch über die CDE stattfindet und funktioniert.
Es braucht aber auch neue Rollen wie die des BIM-Verantwortlichen, der dafür sorgt, dass die CDE für das Projekt optimal eingerichtet ist und die BIM-Methodik von allen Beteiligten umgesetzt wird. Diese Rolle ist allenfalls temporär auf die nächsten paar Jahre begrenzt und kann gegebenenfalls wieder aufgehoben werden, sobald die BIM-Methodik in der Baubranche komplett verankert ist.
Um eine möglichst automatisierte Übergabe an die Zielsysteme für den Betrieb, aber auch eine möglichst effiziente Kontrolle der Daten zu ermöglichen, müssen diese in eine maschinenlesbare Form gebracht werden. Die vorhandenen Datenkenntnisse der meisten am Bau Beteiligten sind hierfür derzeit noch nicht ausreichend. Wir sehen daher die Rolle eines spezialisierten Datenmanagers für die Datenprüfung und -pflege vor.
Für die Kontrolle der Inhalte, die nicht automatisiert geprüft werden können, sondern vor allem fachliches Know-how erfordern, ist der Werkeigentümer des Bauherrn verantwortlich. Seine Aufgabe ist es, die Qualität der anlagenspezifischen Daten sicherzustellen. Sowohl bei der Prüfung der Lieferergebnisse als auch im Werk selbst.
Datenpflege und -vernetzung im Betrieb
Um sowohl im Betrieb wie auch im Projekt von den durchlässigen Datenflüssen aus und in die Zielsysteme profitieren zu können, müssen die Daten in den Zielsystemen sauber gepflegt und die Zielsysteme miteinander verbunden werden.
Unsere Erfahrung zeigt, dass das Datenmanagement in den meisten Organisationen traditionell stark auf die SIA-Phasen 53 und 6 ausgerichtet war, d.h. auf den Übergang vom Projekt zum Betrieb. Dabei wurden die Daten zwar kontrolliert, archiviert und teilweise in Datenbanken oder GIS-Systeme überführt, jedoch nur teilweise in maschinenlesbarer Form. Obschon dadurch in den meisten Organisationen bereits zahlreiche Systeme für den Betrieb existieren, agieren diese meist als Insellösungen und bieten keine ganzheitliche, übergreifende Sicht auf die gesamte Infrastrukturanlage. Zudem fehlen häufig eine systemübergreifende Kennzeichnung und Schnittstellen, welche den (semi-)automatisierten Datenaustausch zwischen den Systemen ermöglichen würden. Um diese Herausforderungen angehen zu können, braucht es einerseits Personen mit dem nötigen technischen und datenspezifischen Knowhow, andererseits aber auch einen kulturellen Wandel und ein deutlich verbessertes Verständnis für die Bedeutung maschinenlesbarer Daten. Nur so können die in den Projekten erzeugten Daten durchgängig und sinnvoll genutzt und nachhaltig weiterverarbeitet werden.
Wir sind davon überzeugt, dass, wenn nur schon die beiden Aspekte – Datenaustausch nur via CDE und klare Rollen und Aufgaben – in den Organisationen und Projekten konsequent gelebt würden, die Qualität und Effizienz in den Projekten stark verbessert würde. Wir von EBP unterstützen Sie gerne bei allen Aspekten – von Fragen zur Daten- und IT-Infrastruktur, zur BIM-Methodik oder der Auswahl der richtigen CDE für Ihre Organisation bis hin zur Initiierung des kulturellen Wandels und der Befähigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.