Im Zug der fortschreitenden Digitalisierung werden Echtzeitsysteme immer wichtiger. In einer siebenteiligen Blogserie beleuchten wir diese aus unterschiedlichen Perspektiven:
- Teil 1: Sensoren
- Teil 2: Netzwerk-Kommunikation
- Teil 3: Unternehmensdaten
- Teil 4: Externe Daten
- Teil 5: Datenhaltung und -management
- Teil 6: Datenanalysen
- Teil 7: Informationssicherheit und Datenschutz (ISDS)
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Echzeitsysteme sind informationstechnische Systeme, die Daten über die Realität (nahezu) simultan mit den entsprechenden Prozessen in der Realität verarbeiten. In der Architektur von smarten Echtzeitsystemen, die wir von Porter und Heppelmann abgewandelt haben, ist sichtbar, dass Echtzeitsysteme sich in der Regel auf drei Datenquellen stützen: Eingebettete Systeme mit ihren Sensoren, Unternehmensdaten und externe Datenquellen. Im vorliegenden ersten Teil unserer Blog-Serie gehen wir näher auf Sensoren ein.
Der Begriff «Sensor» stammt vom lateinischen «sentire» für «fühlen». Ein Sensor im engeren Sinn bezeichnet eine Hardware-Komponente, die Messungen ihrer Umgebung vornimmt oder darin Signale detektiert. Wir begegnen Sensoren ständig in unserem täglichen Leben. Ob wir auf unserem Tablet scrollen, mit dem Smartphone ein Foto schiessen oder an der Ampel warten: ein Capacitive Touch-Sensor erfasst die Position unseres Fingers auf dem Tablet-Bildschirm, ein CMOS-Array misst die Lichtwerte durch die Smartphone-Linse für unser Selfie und eine Induktionsschleife erfasst unser Velo vor der Ampel.
Es gibt eine Vielzahl von Sensoren für alle möglichen Messgrössen und Einsatzgebiete. Darunter sind Sensoren, die im für uns wahrnehmbaren Bereich messen (Licht, Temperatur, etc.), aber auch zahlreiche Sensoren, die unsere beschränkte menschliche Aufnahmefähigkeit erweitern können – zum Beispiel mittels Ultraschall oder Radar.
Ganz praktisch
Wir beurteilen in der Praxis öfters Technologien auf ihre Eignung für konkrete Anwendungsfälle unserer Kunden. Beispielsweise haben wir Kantone und Städte schon bezüglich Technologien zur Erfassung des Verkehr beraten. Die erhobenen Verkehrsdaten können in diesem Fall der Erstellung eines Echtzeit-Verkehrslagebilds, der Steuerung von verkehrsbeeinflussenden Systemen und natürlich auch ex post zur statistischen Analyse des Verkehrsgeschehens dienen. In diesem Anwendungsgebiet gibt es verschiedene Sensortechnologien, die zum Einsatz kommen können:

Messprinzipien von Sensoren
Was meinen wir konkret mit «Sensor»? Alltagssensoren, die wir aus dem eigenen Leben, dem eigenen Haushalt oder beispielsweise vom Smartphone kennen und nennen würden, sind zum Beispiel Thermometer, Luftdrucksensoren, Lagesensoren, GPS bzw. GNSS, LiDAR, ein Mikrophon, der RFID-Leser an einem Kopiergerät oder an einer Tür, oder Fingerscan-Sensoren.
Umgangssprachlich sprechen wir hier zwar von «Sensoren». Technisch gesprochen ist der Begriff aber meistens enger definiert und das Mikrophon oder der Thermometer ist eigentlich ein Messgerät oder eine Messeinrichtung. So kann ein Mikrophon mit unterschiedlichen Arten von Sensoren funktionieren: Die Mikrophon-Membran schwingt im Schall; diese Schwingungen können zum Beispiel durch Auslesen einer magnetischen Induktion oder Messung einer Kondensator-Kapazität oder noch auf anderen Wegen in ein Signal übersetzt werden. Das sind unterschiedliche Messprinzipien. Um die schiere Vielfalt von Sensoren einordnen zu können, ist die Einteilung nach dem Messprinzip, eben das jeweilige Prinzip hinter der Messleistung des Sensors, praktisch.
Sensoren müssen ja auf Veränderungen an der gewünschten Messgrösse (zum Beispiel die Temperatur) reagieren. Die Reaktion des Sensors auf Veränderungen der Messgrösse soll möglichst linear und wiederholbar ausfallen. Hier kommt das Messprinzip zum Tragen.
Im Bereich der IT und der Echtzeitsysteme wird die Reaktion des Sensors dann in der Regel mit einem Analog-Digital-Wandler in digitale Information übersetzt. Diese kann anschliessend vorprozessiert, übermittelt und in einem Echtzeitsystem weiterverarbeitet werden. Es gibt eine Vielzahl von bisweilen auch recht komplizierten Messprinzipien. Und einige gängige «Sensoren» (oder eben: Messgeräte) können wie oben kurz erwähnt mit ganz unterschiedlichen Messprinzipien umgesetzt werden. Deshalb hier nur eine kurze Auswahl häufig anzutreffender Funktionsweisen:
- Optoelektronische Sensoren: Sichtbares Licht, UV-Licht oder Infrarotstrahlung wird mithilfe des sogenannten Photoeffekts detektiert. Typische Einsatzfelder sind CCD- oder CMOS-Sensoren in Digitalkameras, Kopiergeräten oder Scannern.
- Induktive Sensoren: Elektromagnetische Induktion führt zu einer Veränderung in einem Schwingkreis. Typische Beispiele sind Induktionsschleifen vor Lichtsignalanlagen oder induktive Abstandssensoren.
- Magnetfeldsensoren: Die Messgrösse erzeugt eine messbare Beeinflussung eines magnetischen Felds. Bei dieser Sensorklasse kann das Messprinzip noch weiter unterteilt werden in eine Vielzahl von verschiedenen magnetischen Effekten.
- Resistive Sensoren: In Abhängigkeit der Messgrösse verändert sich der elektrische Widerstand einer Komponente im Sensor. Beispiel: Dehnungsmessstreifen.
Energienutzung von Sensoren
Eine zweite nützliche Kategorisierung von Sensoren unterteilt diese in aktive und passive:
- Aktiver Sensor: Dieser Sensortyp erzeugt aufgrund des Messprinzips ein elektrisches Signal (zum Beispiel über den Photoeffekt oder den piezoelektrischen Effekt). Mit diesem Typ von Sensoren können aufgrund dieser Funktionsweise oft nur Veränderungen gemessen werden, da im statischen Zustand keine elektrische Energie erzeugt wird.
- Passiver Sensor: In diesem Sensortyp verändert die Messgrösse ein passives Bauteil. Mit Hilfsenergie und elektronischen Komponenten wird daraus ein Signal gelesen. Dieser Sensortyp kann auch statische Messgrössen erfassen und ist der weitaus häufiger eingesetzte.
Was macht einen guten Sensor aus?
Die richtige Antwort lautet: Es kommt ganz darauf an. Sensoren und zugrundeliegende Messprinzipien müssen – wie oben kurz am Beispiel von Verkehrsdaten ausgeführt – immer vor ihrem Einsatzzweck und -kontext beurteilt werden. Wichtige Bewertungskriterien sind:
- Gestehungs- und Betriebskosten: Viele Sensoren und Messeinrichtungen wurden über die letzten Jahre stark verkleinert und auch deutlich kostengünstiger. Man denke nur an die in Smartphones verbauten Lage- und Beschleunigungssensoren oder den LiDAR-Sensor in der neusten iPad-Generation.
- Bauweise: Wie kompakt, robust, leicht, … ist der Sensor im Einsatz?
- Energieverbrauch: Wie viel Energie benötigt der Sensor im Betrieb? Wird er nahe an einer stetig verfügbaren Energiequelle eingesetzt oder braucht er eine unabhängige Energiequelle?
- Zeitliche Auflösung: Wie häufig kann eine Messung erfolgen?
- Thematische Auflösung: Wie gut kann ein Sensor unterschiedliche Messobjekte unterscheiden? Am Beispiel von Verkehrsmessungen kann eine Frage sein, ob ein Sensor bzw. eine Messeinrichtung etwa einen Bus, einen Lastwagen, einen Lastenzug und einen Sattelzug unterscheiden kann oder nicht. Bei CMOS-Sensoren einer Fotokamera könnte man die thematische Auflösung hingegen als die Anzahl Bits pro Pixel interpretieren.
- Richtigkeit: Wie gut stimmen Messungen mit dem echten Wert der Messgrösse überein?
- Präzision: Wie nahe liegen unter identischen Bedingungen gewonnene Messwerte beieinander? (früher auch «Wiederholgenauigkeit» genannt) (siehe zu den letztgenannten Punkten auch den untenstehenden Exkurs)
Die Liste von Bewertungskriterien für Sensoren ist nicht abschliessend. Je nach Einsatzzweck, Kontext und Anforderungen der nachgelagerten Echtzeitsysteme können andere Qualitätsmerkmale wichtig werden und die Wahl einer konkreten Sensor-Technologie beeinflussen. Mit unserem technischen Know-how und unserer praktischen Erfahrung sind wir in der Lage, den für einen bestimmten Einsatzzweck passenden Sensor auszuwählen, ins System zu integrieren und anschliessend in Echtzeit auszuwerten.
Exkurs: CO2-Messung
Der in unserem Digital-Blog vor einigen Wochen vorgestellte Bau eines CO₂-Messgeräts basiert auf einem Sensor von Sensirion als Herzstück. Beim verbauten SCD30 handelt es sich um einen sogenannten NDIR-Sensor (Nichtdispersives Infrarot), der spektroskopisch funktioniert.

Der Sensor verfügt über eine zweiteilige Messkammer. In den einen Teil diffundiert die Umgebungsluft. Eine Quelle sendet Infrarotstrahlung aus. Die CO₂-Konzentration wird aus der Absorption einer spezifischen Wellenlänge der Strahlung ermittelt. Dazu wird die Infrarotstrahlung durch einen Filter auf einen von CO₂ beeinflussten Spektralbereich eingeschränkt und anschliessend auf einen Infrarot-Detektor gelenkt. Dieser misst die durch CO₂ absorbierte Strahlung und kann dadurch die CO₂-Konzentration ermitteln. Mit dem zweiten Teil der Messkammer kann mittels Messung eines Referenzgases, in der Regel Stickstoff, der langfristige Sensor-Drift per Kalibration korrigiert werden. Der Sensor kompensiert für die Ermittlung der CO₂-Konzentration auch die Temperator der Umgebung, die über einen weiteren Sensor gemessen wird.
Exkurs: Richtigkeit und Präzision
Richtigkeit und Präzision sind beides Aspekte der Genauigkeit. Wie sich die umgangssprachlich fast bedeutungsgleichen Begriffe unterscheiden und wie sie zusammenspielen können, zeigt die Abbildung qualitativ am Beispiel einer Zielscheibe:

In dieser Veranschaulichung stellt der Mittelpunkt der Zielscheibe den echten Wert der Messgrösse dar, die unterschiedlichen Einschusslöcher wiederholte Messungen.
Ein optimaler Sensor liefert natürlich hohe Richtigkeit mit hoher Präzision (links oben). Ein Sensor mit tiefer Richtigkeit und hoher Präzision (links unten) kann allenfalls kalibriert werden – so wie man im Schiessstand das Visier justieren würde – und dann sehr gute Resultate liefern. Bei einem Sensor mit beschränkter Präzision aber guter Richtigkeit kann das Mitteln wiederholter Messungen je nach Anwendungszweck immer noch ausreichende Ergebnisse liefern (Beispiel: das sogenannte GPS-Averaging) . Einen Sensor aber, der sowohl tiefe Richtigkeit als auch tiefe Präzision aufweist, sollte man kritisch analysieren und allenfalls auswechseln.
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